Catherines Geschichte

Wir, Sarah und Finja, leben seit Ende Januar im Dogodogo Center in Dar es Salaam. Das Center wurde für Kinder und Jugendliche aus schwierigen Verhältnissen gegründet, die hier zur Schule gehen oder zu Tischlern und Näherinnen ausgebildet werden. In kurzer Zeit wurden wir herzlichst in die Gemeinde aufgenommen. Unter ihnen ist auch die 27-jährige Lehrerin Catherine, mit der wir mittlerweile eng befreundet sind.

Catherine mit fünf Schülern des Dogodogo Centers. Catherine mit fünf Schülern des Dogodogo Centers. Viel gute Laune nach einem gewonnenen Fußballmatch. [Foto von Finja Ufer, Copyright nicht erteilt]

Auf dem Gelände gibt es ein Jungen- und ein Mädchenhaus. Catherine ist zuständig für die 30 Mädchen im Alter zwischen 4 und 18 Jahren. Sie wäscht nicht nur die Wäsche der Kleineren sondern schläft auch jede Nacht mit den neun jüngsten Mädchen in einem Zimmer.

Catherine arbeitet wie nicht wenige Eltern für ihren Job weit weg von ihrer Tochter. Diese lebt eine Tagesreise weit entfernt in Moschi. Die Tatsache, dass Catherine sich um 30 Mädchen kümmert anstatt um ihre eigene 10-jährige Tochter, hat uns zunächst sehr verwundert. Doch nur so kann sie die Privatschule für Glory und die Chance auf eine bessere Zukunft finanzieren.


„Wie geht es dir damit, getrennt von deiner Tochter Glory zu leben?”

„Jede Mutter sollte mit ihrem Kind zusammenleben können. Seitdem ich weit entfernt von meiner Tochter lebe, bin ich häufig traurig. Aber was soll ich tun? Ich brauche diesen Job.”

„Und wie hälst du mit ihr Kontakt?”

„Immer, wenn ich etwas Geld habe, kaufe ich mir Handyguthaben und rufe sie an. Das ist leider nicht jeden Tag.”

„Wie häufig fährst du sie besuchen?”

„Ich fahre, wenn ich die Chance dazu habe. Das Problem ist, dass ich nie frei habe. Ich habe keine Ferien oder Feiertage. Mein Job nimmt mich 24/7 ein, da die Kinder immer im Center sind. Daher kann ich Glory zurzeit nur alle 6 Monate sehen.”

„Was glaubst du, warum viele Mütter und Väter weit entfernt von ihrer Familie arbeiten?”

„Das Leben in Tansania ist herausforderd. Es gibt nur wenige Menschen, die wirklich reich sind. Alle anderen müssen hart arbeiten, um sich ihr Geld zu verdienen. Wenn Mütter oder Väter einen Job in einer anderen Stadt finden, dann nehmen viele ihn an. Ihnen bleibt nichts anderes übrig. Das Geld schicken sie dann nach Hause.”

„Wie bist du aufgewachsen? Wie war deine Kindheit?”

„Es war schwierig, weil mein Vater zu der Zeit Alkoholiker war. Wir waren alle von meiner Mutter abhängig. Sie hat sich zum Glück sehr liebevoll um uns sieben Kinder gekümmert. Zusätzlich hat sie Landwirtschaft betrieben und Ziegen, Hühner und ein paar Kühe gehalten. Mittlerweile trinkt mein Vater nicht mehr. Als ich mit 16 Jahren mit Glory schwanger wurde, haben sich beide unglaublich gut um mich gekümmert. Auch heute lebt Glory mit meinen Eltern zusammen.”

„Wie geht es dir hier im Dogodogo Center?”

„Ich wasche die Kleidung der Kinder, ich unterrichte sie, ich gehe zu allen Elterngesprächen in den Schulen, aber nicht nur das. Ich bin hier im Center ihr engste Bezugsperson. Wenn sie Sorgen oder Heimweh haben, kommen sie zu mir. Das ist eine Menge an Verantwortung.”

„Was macht dich an der Arbeit im Center glücklich?”

„Die Kinder. Sie machen mir sehr viel Freude. Manchmal, wenn ich einen schlechten Tag habe, dann kommen sie zu mir, machen Witze, bringen mich zum Lachen, umarmen mich, …”

„Was sind zurzeit deine größten Herausforderungen?”

„Ich habe einen Mann kennengelernt und möchte ihn bald heiraten. Aber wie kann ich Zeit mit meinem Mann verbringen, wenn ich hier im Center Tag und Nacht gebraucht werde? Vielleicht kann mein Chef die Arbeitszeiten so ändern, dass ich nur tagsüber hier bin. Wenn nicht, werde ich bald kündigen müssen. Das wäre für die Kinder, aber auch für mich, ziemlich traurig.”

„Wie viel verdienst du im Monat?”

„Ich verdiene im Monat 200.000 Tsh.” (Entspricht 80€)

„Wie viel Geld davon gibts du für dich aus und wie viel geht an die Familie?”

„Jeden Monat überweise ich 100.000 Tsh an die Schule meiner Tochter. Mit weiteren 50.000 Tsh unterstütze ich meine Mutter. Dreiviertel gebe ich somit meiner Familie. Die restlichen 50.000 Tsh kann ich dann für Handyguthaben und das, was man so braucht, ausgeben.”

Was ist dein Traum für die Zukunft?”

„Mein größter Traum ist es, meine eigene Vorschule zu eröffnen. Außerdem würde ich hier in Dar es Salaam ein Haus bauen, für Glory, meinen zukünftigen Mann, mich und so Gott will, noch ein gemeinsames Baby. Wenn ich ein großes Haus hätte, mit vier Zimmern, dann würde ich gerne zusätzlich fünf Kinder aus dem Center bei mir aufnehmen.”