Fremdsein

„Fremdsein“, das, Substantiv, Neutrum. Bewusstsein der eigenen Fremdheit. „Das Fremde bezeichnet etwas, das als abweichend von Vertrautem wahrgenommen wird, das heißt, als etwas tatsächlich oder vermeintlich Andersartiges oder weit Entferntes“ (Wikipedia). Aber was bedeutet Fremdsein überhaupt, woher kommt dieses Gefühl? Wir haben einige Mitfreiwillige sowie tansanische Gastfamilien und Freunde gefragt, wie sie das Thema „fremd sein“ erfahren haben und wie sie versuchen, damit umzugehen.

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„Fremdsein“, das, Substantiv, Neutrum. Bewusstsein der eigenen Fremdheit. „Das Fremde bezeichnet etwas, das als abweichend von Vertrautem wahrgenommen wird, das heißt, als etwas tatsächlich oder vermeintlich Andersartiges oder weit Entferntes“ (Wikipedia).

Als wir (16 DTP-Freiwillige) am Flughafen in Dar Es Saalam vor ein paar Wochen ankamen, waren wir erstmal Fremde in einem fremden Land konfrontiert mit einer fremden Kultur und Sprache.

Aber was bedeutet Fremdsein überhaupt, woher kommt dieses Gefühl? Wir haben einige Mitfreiwillige sowie tansanische Gastfamilien und Freunde gefragt, wie sie das Thema „fremd sein“ erfahren haben und wie sie versuchen, damit umzugehen.

Die Diversität der Antworten hat uns dabei sehr überrascht. Es gibt verschiedene Situationen, die bei uns das Gefühl fremd zu sein ausgelöst haben. Vorweg sind die offensichtlichen Situationen, in denen sich die Freiwilligen fremd gefühlt haben. Wenn einem auf der Straße „Mzungu“ (Weiße:r) hinterhergerufen wird, wenn man aus der Masse hervorsticht, angestarrt oder nur auf einen zugegangen wird, um etwas zu verkaufen, weil Vorurteil leicht mit Fremde einhergeht (Jonas, 25) oder wenn ständig die Frage fällt: „Woher kommst du?“, wird impliziert, dass man scheinbar nicht von hier sein kann und nicht richtig „dazugehört“.

Es ist die offensichtliche Andersartigkeit. Andere Kleidung, andere Begrüßungsrituale, andere Essgewohnheiten. „Man muss auf einmal viele kulturelle und soziale Verhaltensweisen neu lernen, die man von Kindesbeinen an beherrscht hat.“ (Eli, 23)

Was von einem selbst als normales Grundwissen verstanden wird (grobe Geografie des Landes, gesprochene Sprachen innerhalb einer Nation, Geschichte ect.), ist für das Gegenüber oft völlig unbekannt. Es fehlt das Verständnis für die andere Perspektive, was deutlich macht, dass man noch nicht zur „eingespielten Gruppe dazugehört“ (Ylva, 19). Das führt oft dazu, dass sich die Umgebung plötzlich fremd anfühlt.

Wenn sofort auffällt, dass man fremd ist; „nicht von hier“, werden einem deutlich mehr Hilfestellungen angeboten, was meistens sehr freundlich und gerade am Anfang, wenn noch etwas die Orientierung und Sicherheit fehlt, hilfreich ist (Joseph, 18; Eli,23). Entsprechend wird einem als „Fremde:r“ damit jedoch auch gleichzeitig weniger Selbstständigkeit zugetraut.

Dieses offensichtlich anders Aussehen geht auch nicht einfach weg „ich kann mein weiß sein nicht einfach verändern“ (Jonas, 25). Ebenso wenig, wie man seine Hautfarbe oder Haarstruktur einfach so verändern oder besser gesagt, anpassen kann, ist es oft auch gar nicht grundsätzlich der Wunsch, alle Andersartigkeit abzulegen. Manchmal ist es schwer, sich mit der fremden Situation anzufreunden, manchmal fehlt eine „Identifikation anderer Lebensrealitäten“ (Ylva, 19) und häufig werden Bemühungen, sich zu integrieren, dann missverstanden.

Nicht nur im Ausland kann dieses Gefühl entstehen, sondern auch häufig in gängigen Alltagssituationen. Auf Parties, bei denen man noch keinen Anschluss hat und es sich anfühlt, als ob es egal ist, dass man gerade anwesend ist, oder nicht. Oder wenn man nach längerer Zeit eine:n alte:n Freund:in wiedersieht, dem:r man sich früher anvertrauen konnte und mit dem:r sich ein Gespräch plötzlich wie das Austauschen belangloser Floskeln anfühlt (Jonas, 25). Einige der Befragten, haben von einem Fremdsein gesprochen, das sich erst richtig bemerkbar macht, wenn man allein ist, keinen Ansprechpartner hat, aber viel Zeit zum Denken. Dann können Selbstzweifel auftauchen und man „ein Stück den Bezug zu sich selbst verlieren“ (Ylva, 19).

Unsere Befragten haben „Fremdsein“ oft negativ konnotiert. Etwas, dass bewirkt, dass man sich nach etwas Bekanntem, Vertrautem sehnt (Ida, 18). Dieses „Stück zu Hause“ kann ganz unterschiedlich aussehen. „It was also a challenge to me as they did not have ugali, but I managed to cook it myself“ (Emmanuel, 38 (zu seiner Arbeit in Äthiopien)). Einige unserer Interviewten sprachen auf der anderen Seite von Chancen, die die Herausforderung der Fremde mit sich bringen können. Sprachbarrieren können so motivieren, Vokabeln und Floskeln zu lernen, zum Smalltalken und „einfach mal nachfragen und probieren“, überreden (Andrew, 24).

Letztlich bleibt der Umgang mit der Fremde eine individuelle Entscheidung. „Ich bin eher fasziniert über die Unterschiedlichkeit der Dinge" (Joseph, 18). Andere Menschen können ebenfalls einen großen Beitrag leisten und ein Fremdsein erträglicher machen, durch Gastfreundschaft, Interesse und Verständnis füreinander. „People were nice to me, so it was easy to integrate“ (Emmanuel, 38; Andrew, 24).

"When you get someone to accompany (...) makes you feel comfortable" (Rehema, 32). Irgendwie muss man schließlich mit diesem Gefühl umgehen, denn es gibt ein Leben, das es zu leben gilt.

"I started going out to communities or events where there were people like me (foreigners) being somewhere where everyone feels like a stranger makes you feel less of a stranger. But I also started learning more about the culture of a place I’m in so that I can be able to integrate in some way and magically the feeling disappeared. I remember written in my diary' I am currently feeling like a Berliner', and of course I felt so at that time and it was a wonderful feeling."(Charity, South-Nord Volunteer).

Fremdsein ist also Herausforderung und Chance. Und wer sich schon mal fremd gefühlt hat, der:die kann sich in andere, die diese Situation gerade erfahren vielleicht besser hineinversetzen und das Fremdsein zu einer schöneren Erfahrung machen.