Holz in Tansania - Von Wirtschaft, Alltag und Bearbeitung

Unsere beiden Freiwilligen Matteo und Paul inszenieren einen literarischen Spaziergang durch Sansibar (Stadt) und Njombe Town und reflektieren dabei ihre Eindrücke über die alltägliche Verwendung der Ressource Holz im Kontext von Kunsthandwerk, Architektur, Brennstoff und Holzwirtschaft.

Wald in Njombe Wald in Njombe Die Region liegt teilweise 2000 Höhenmeter über dem Meer. [Foto von Paul Müller, No Copyright]

Kein anderes Lebewesen kann seine natürliche Umgebung in dem Ausmaß gestalten, nutzbar machen und verändern wie der Mensch. Ein Material hat es uns dabei anscheinend besonders angetan: Holz ist wahrscheinlich nach Stein und Knochen einer der ersten Rohstoffe, die wir verwertet haben und es ist bis heute eine der vielleicht am vielseitigsten eingesetzten natürlichen Ressourcen, über die wir verfügen.

Hier in Ostafrika, wo man die Ursprünge der menschlichen Spezies vermutet, sorgen die Unterschiede in Höhenmeter, Nähe zum Äquator und Nähe zur Küste für eine Vielzahl an ausgeprägten Vegetationszonen. Als Freiwillige auf Sansibar und in Njombe haben wir uns mit den häufigsten Anwendungsbereichen für dieses Material auseinandergesetzt, welches nicht nur die menschliche Vergangenheit maßgeblich geprägt, sondern auch das Potential hat für eine nachhaltigere Zukunft zu sorgen. Doch kann eine zu hohe Abhängigkeit von einem bestimmten Rohstoff zu Problemen führen, besonders wenn mit ihm nicht in einer nachhaltigen Weise umgegangen wird.

Jahrhundertealte Handwerkstradition

Auf Sansibar gibt es eine Tradition der Holzbearbeitung, welche besonders durch die kunstvollen Schnitzereien an Türen, Möblierung und Truhen weltweite Berühmtheit erlangt hat. Die aufwendigen Verzierungen zeugen von wahrem Handwerkstalent und die Anfertigung immer neuer solcher Kunstwerke zeugt von dessen Fortbestand über Generationen. Besonders im historischen Viertel des städtischen Westdistrikts sind es die reich ausgeschmückten Eingänge der Moscheen und alten Verwaltungsgebäude, welche das Stadtbild prägen. Um dieses zu erhalten, finden sie auch in neuen Bauten Einzug und tragen somit zum Erhalt der Tradition bei. Türen und Fenster, deren edle Hölzer einen starken Kontrast zu den blendend weißen Fassaden der Häuser bilden, gelten als Markenzeichen von Stone Town und Touristenattraktion auf Sansibar.

Von Architektur bis Schiffbau

Läuft man durch die engen Gassen der Altstadt, so stößt man unumgänglich auf einen Laden, welcher Figuren, Talismane, Schilder und andere Dinge aus Holz verkauft. Sucht man ein wenig weiter, so findet man versteckte Galerien, die bis oben hin voll mit verstaubten Holzkisten, Bilderrahmen und anderen Werken gestopft sind und sich die Werkstatt, wo diese hergestellt wurden, gleich im Nebenraum befindet. Hier gibt es wahre Schmuckstücke zu finden. Ich selbst wurde durch ein unverarbeitetes Stück Ebenholz von der Feinheit des Materials überzeugt. Es war schwer wie Stein und besaß die Textur von Glas und eine tiefschwarze Farbe. Mich faszinierte die Detailverliebtheit von selbst praktischen Alltagsgegenständen: Von kleinem Holzschmuck, über die Gestaltung von Möbeln bis hin zur Architektur und dem Schiffsbau findet die Holzbearbeitung an der tansanischen Küste eine Vielzahl an Anwendungen.

Mangelware Bauholz

Verlässt man die Altstadt von Stone Town, so darf man beim verträumten Blick aus dem Dalla an den Straßenseiten der Vorstadt die zahlreichen Sägewerke und Manufakturen beobachten, wie sie an der Kreissäge ganze Palmenstämme zu groben Scheiben zurechtsägen und dann mit der Abrichte perfekte Bretter herstellen. Während die Bewohner der gemäßigten Klimazonen oft nicht wissen, dass es so etwas wie Palmenholz überhaupt gibt (mich bis vor Kurzem eingeschlossen), stellt man hier in den Tropen schon lange viele Sachen daraus her. Der Reichtum der hiesigen Küste an diesem Material und dessen Resistenz gegen Fäulnis macht es beliebt. Die Kokospalme ist schnellwachsend und produziert, wie der Name bereits verrät, nebenbei auch noch Kokosnüsse. Zudem hinterlässt Palmira, welches biologisch gesehen nur ein Holzimitat ist, verarbeitet ein einzigartiges Muster, mit dichter schwarzer Maserung. Die Produktion von massivem Bauholz auf der Insel ist jedoch beschränkt. Die Landschaft ist von sandigem Korallengestein und trockenem Busch dominiert: Es mangelt so schon länger an geeignetem Holz.

Forstwirtschaft

In manchen Regionen auf dem Festland sieht die Situation hingegen anders aus. Hier nimmt die Forstwirtschaft eine wichtige Rolle ein. Relevant sind insbesondere die Regionen Iringa und Njombe, welche beide die größten Holzproduzenten in Tansania sind. Da, laut Project Gaia, der überwiegende Anteil der Bevölkerung (92%) mit Holz oder Holzkohle kocht und auch viele Fabriken für landwirtschaftliche Produkte wie zum Beispiel Tee mit Feuerholz betrieben werden, ist die Rodungsrate in diesen Regionen sehr hoch. Als Folge davon geht die Waldfläche in Tansania zurück. Der Nachrichtendienst von CGTN beziffert die Entwaldungsrate mit jährlich 1%, was 400.000 Hektar entspricht und doppelt so hoch wie die weltweite Rate von 0.5% ist. Die Rodungen werden dabei von sowohl privaten Verbraucher_innen als auch verschiedenen Agrar-/Exportunternehmen durchgeführt. Der starke Bevölkerungsanstieg in Tansania trägt darüber hinaus dazu bei, dass immer mehr Waldfläche für Felder und Weideflächen abgeholzt werden muss, um der stetig wachsenden Bevölkerung eine Existenzgrundlage zu verschaffen.

Kompensation von Umweltschäden

In Njombe sorgt dies im Umkehrschluss dafür, dass die fehlenden Waldflächen häufig mit schnellwachsenden, nicht-heimischen Baumarten aufgeforstet werden, unter anderem Eukalyptus und Kiefer. Letztere ist dabei sehr brandgefährdet und bei den Waldbränden und Buschfeuern, die in der Region periodisch in der Trockenzeit auftreten, besonders stark betroffen. In der Region Njombe versuchen deshalb sowohl NGOs als auch die lokale Regierung der fortschreitenden Entwaldung entgegenzuwirken und haben verschiedene Herangehensweisen entwickelt, um besonders die Bevölkerung und öffentlichen Institutionen unabhängiger von Holzkohle zu machen und die auftretenden Umweltschäden zu kompensieren. Ein Beispiel dafür ist die Verteilung von sogenannten „Panda-Cookers“ an Schulen. Diese Kochgeräte haben eine Vielzahl an Vorteilen gegenüber einfachen Feuerstellen. So ist ihr Brennmaterial-Hitze-Umsatz bis zu 63% effizienter und außerdem können auch alternative Brennstoffe verwendet werden wie zum Beispiel Reishülsen, Maiskolbenreste und andere biologische Abfälle. Dies führt dazu, dass die Notwendigkeit unter der Bevölkerung Feuerholz zu kaufen und mit Holzkohle zu heizen abnimmt und Schulen autarker und umweltfreundlicher werden.

Fruit trees 4 Future

Eine weitere Methode, um der Abholzung entgegenzuwirken ist die Pflanzung von verschiedenen heimischen Obstbaum-Arten. An Schulen kann dies mehrere Zwecke erfüllen: Die Verfügbarkeit von verschiedenen Früchten auf dem Speiseplan der Schüler und Schülerinnen trägt zu einer ausgewogeneren und abwechslungsreicheren Ernährung und die Gemeinschaft kann von den Bäumen auch in Zukunft profitieren, da sie in der Regel nicht gefällt werden.

Holz - Material der Zukunft?

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Holzwirtschaft sowie die Weiterverarbeitung von Holz in Tansania eine wichtige Rolle spielen. Vor dem Hintergrund der globalen Klimakrise scheint es jedoch wichtig zu sein, Holz in manchen Bereichen des Alltags durch nachhaltigere Alternativen zu ersetzen, wie es durch einige Schulen bereits demonstriert wird. Anderswo stellt Holz wiederum die nachhaltigere Alternative dar: Überall auf der Welt werden moderne Holzbauten errichtet, welche hinsichtlich ihrer Sicherheit und Langlebigkeit typischen Betonbauten überlegen sind. Anstatt Treibhausgase zu produzieren, lagern sie CO2 für lange Zeit ein. Tansania, als Land mit größerer Biodiversität als Deutschland, kennt je nach Region die Fülle und den Mangel der Ressource Holz. Es haben sich so verschiedene wirtschaftliche Nischen gebildet, welche sich teils auf die Ernte großer Mengen Holz konzentrieren und teils auf die kunstvolle Verarbeitung und Architektur spezialisiert haben.

Quellenangabe: